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  • Karin Zeger

Produktwelt | Schwarzwald-Dekor sorgt für frühe Erfolge / Ausstellung im Stadtmuseum


Schramberg. Was hat das Schwarzwaldmotiv mit dunklen Tannen und einem stattlichen Schwarzwaldhof mit dem niederländischen Malergenie des 17. Jahrhunderts, Rembrandt van Rijn, zu tun? Hat der Schöpfer des SMFDekors, Johannes Bartel (1868 bis 1923), dabei an die Verwendung Rembrandtscher Erdfarben wie das dunkelgrüne Umbra gedacht? Fest steht, dass das Dekor Rembrandt schon in der Villeroy-&-BochZeit der vormals Faistschen Schramberger Steingutfabrik ein Verkaufsschlager war.

Aus Gründen des Marketings wurde dieses Dekor, das auf Essgeschirr, Aschenbechern, Schnapsbocksbeuteln, Ziertellern und Vasen zu sehen war, als »Das beliebteste Dessin in Schwarzwald und Schweizerlandschaft« beworben. Dass es Bartel 1911/1912 gelang, das Dekor gesetzlich schützen zu lassen, trug zum frühen Erfolg der Firma bei. Das Dekor wurde bis in die 1980er-Jahre hergestellt.


Eine Besuchsanzeige aus dem Jahr 1905. Foto: Majolika-Archiv

Eine Sonderausstellung im Stadtmuseum zeigt nun die Entwicklung dieses Dekors. Die Spitzenstücke stammen vor allem aus der Sammlung von Professor Dr. Wolfgang Kühn (1947 bis 2019) und Christa Kühn aus Zell am Harmersbach. Ergänzend werden Leben und Werk des Porzellanmalers Josef Bartel dargestellt. Kinder können mit eigenen Bildern eines Schwarzwaldhauses an der Sonderausstellung mitwirken.


Die Sonderausstellung ist vom 15. Februar bis 27. September zu sehen. Die Vernissage beginnt am Freitag, 14. Februar, um 19.30 Uhr.

  • Karin Zeger

Zeitzeugen | Keramikingenieur Gerd Worrings heuert Anfang der 1960er-Jahre in der SMF an


Dunkle Tannen, Tallage, und ringsherum Berge und Hügel, die man hoch- und wieder herunterstapfen muss: Nein, als »Liebe auf den ersten Blick« kann man Gerd Worrings‘ ersten Eindruck von Schramberg nicht bezeichnen.


Von Alicja Bienger


Damals, im Frühjahr 1961, kam der gelernte Keramikingenieur aus dem Westerwald in den Schwarzwald, um bei der Majolika anzuheuern.

»Ich wollte mich künstlerisch verwirklichen und keine Ziegel für die Öfen der Stahlindustrie herstellen«,

erinnert sich der heute 80-Jährige. Eine Anstellung in einer Steingutfabrik, wo man täglich Schönes schaffen konnte, erschien ihm da genau richtig. Also kam er an diesem 1.Mai 1961 – und blieb. Bis heute. Mit der Landschaft ringsum hat Gerd Worrings sich längst ausgesöhnt, bewohnt sogar ein Haus auf einer Anhöhe unweit der »Villa Junghans«, von wo aus er die Stadt gut überblicken kann. Das war nicht immer so: Nachdem er am Tag vor seinem Vorstellungsgespräch bei Moritz Meyer feiertagsbedingt unerwartet vor den verschlossenen Türen des Hotels Paradies stand und sich kurzerhand ein anderes Quartier suchen musste, verhalf ihm der damalige Majolika-Prokurist Gaugel zu einem Zimmer im Hagenwinkel. An die Begrüßung der damaligen Wirtin erinnert sich Worrings bis heute:


Gerd Worrings mit seiner Lieblingsvase Foto: Bienger
»›Dass Sie’s glei wisset: Damenbesuche gibt’s keine!‹«,

erzählt der 80-Jährige und schmunzelt.

»Natürlich habe ich mich nicht daran gehalten.«

Doch nicht nur an die damalige Wohnsituation kann Gerd Worrings sich noch lebhaft erinnern.

Überhaupt sei der Anfang für den damals 22- Jährigen schwierig gewesen – Stichwort Schramberger Tallage.

»Wenn Elfi Stadler nicht gewesen wäre, wäre ich wohl nach vier Wochen wieder gegangen.«


Mit der jungen Keramik-Designerin verband ihn bis zu ihrem frühen Tod im Jahr 1968 eine herzliche Freundschaft, genau wie mit der schwedischen Kollegin Solveig Ueltzhöfer-Nyqvist. Mit beiden setzte Gerd Worrings laufend neue Dekore um.

»Das Dekor Tirol, das lief super«,

sagt er und zeigt auf ein Katalogbild aus den 1970er-Jahren, »ebenso wie ›Alt-Schramberg‹.« Warum einige Dekore gut bei den Kunden ankamen, anderen hingegen gar nicht, kann er sich bis heute nicht erklären. So war beispielsweise »Tirol« ein Verkaufsschlager in Süddeutschland, nördlich von Köln hingegen war »Bernau« beliebter – obwohl beide Dekore sich sehr ähneln. »In Holland war ›Tirol‹ nicht zu verkaufen, fragen Sie mich nicht, wieso«, schildert Worrings. Während es Aufgabe der Designer war, neue Dekore zu entwerfen, setzte Gerd Worrings die Zeichnungen in die Tat um und war für die Formen der Gefäße sowie für die Glasuren zuständig. Gemeinsam ließen sie so immer neue Kollektionen entstehen.


Ein richtig feiner Herr


Doch woher kamen eigentlich die ganzen Ideen für die schier unendliche Palette an Dekoren, die im Laufe der Zeit die Fabriktore der SMF verließen?

»Ich bin immer mit offenen Augen durch die Welt gegangen«, erinnert sich Gerd Worrings, der seinerzeit auch das eine oder andere Mal Peter Meyer bei seinen zahlreichen Geschäftsreisen begleitet hat. Nicht nur den Designern und den Angestellten in der Majolika – vor allem den Gastarbeitern wie etwa den Italienern, Griechen und Jugoslawen – war Gerd Worrings im Laufe seines Arbeitslebens freundschaftlich verbunden. Eine Zeit lang betreute er die ausländischen Angestellten sogar und brachte ihnen beispielsweise samstags frische Bettwäsche ins »Haus Nagel«, das die Firmenleitung für die Gastarbeiter angemietet hatte. Aber auch mit Moritz und Peter Meyer verband ihn zeitlebens so etwas wie eine Freundschaft.

»Moritz Meyer war ein richtig feiner Herr«,

erinnert er sich. Immer wieder sei er von der Familie zum Essen eingeladen worden. Köchin Thekla habe dabei stets das aufgetischt, was der Senior-Chef gerne mochte – und dieser war zum Leidwesen des Keramikingenieurs von der Küche seiner alten ExilHeimat England geprägt.

»Es gab oft Lamm. Moritz Meyer aß das für sein Leben gern, ich hingegen konnte es nicht ausstehen. Manchmal habe ich versucht, das Fleisch unauffällig in meiner Hostentasche zu verstecken«,

sagt er und lacht. Das Ende der Schramberger Majolikafabrik bekam Gerd Worrings nicht mehr unmittelbar mit. Nach 24 Jahren wechselte er 1985 zu einem Betrieb mit Sitz in Köln. Später arbeitete er bei Schweizer Elektronik in Sulgen. Als Rentner erhält er die Kontakte zu anderen ehemaligen MajolikaAngestellten aufrecht und denkt gerne an seine Zeit bei der SMF zurück, die ihn geprägt und letztlich in Schramberg verwurzelt habe.

  • Karin Zeger

Zeitzeugen | Erinnerungen des Unternehmers Martin Maurer


Bereits als Kind kam der Schramberger Unternehmer und Vorsitzende des Museums- und Geschichtsvereins Schramberg, Martin Maurer, mit der Majolika in Kontakt:

»In den 1950er-Jahren hat der damals in Schramberg arbeitende Künstler Erich Hauser für Kinder und Jugendliche Töpferkurse ausgeschrieben. Nachdem ich aus einer alten Hafnerfamilie stamme und mein Vater mich als betrieblichen Nachfolger vorgesehen hatte, war seine folgerichtige Lösung für Freizeitbeschäftigung seines Sohnes die Hinführung auf den Hafnerberuf und als solches ein Kurs für Töpfern bei Erich Hauser genau das Richtige. Es war auch spannend. Auf mit Muskelkraft angetriebenen Töpferscheiben wurden Teller, Vasen, Kannen und Tassen geformt. Diese wurden dann in die Majolika zum Brennen gebracht. Mit der ungeheuren Hitze des Brennofens wurde das Material dann hart und so hielten wir voller Stolz die Kunstwerke in der Hand. Dies war meine erste Berührung mit der Majolika, der noch viele aus anderen Gründen folgen sollten.

Später entwickelte sich eine Liebe zu altem Schramberger Bildergeschirr und zum Bewusstsein, dass da seit 1820 fleißige Töpfer, Maler und Gestalter Großartiges geleistet haben. Ich gratuliere der ganzen Majolika Familie zum 200-jährigen Jubiläum und hoffe, dass die Erzeugnisse und Leistungen aus dieser Fabrik noch langegeschätzt werden.«
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